„Wenn du das Dunkel lange genug ansiehst, beginnt es, zurückzublicken.“
— Aus den Aufzeichnungen des Ordens des Lichts, „Archiv der Finsternis“ (Band III)

I. Ursprung der Schattenwesen

Schattenwesen sind entkörperte Fragmente von Bewusstsein, Schmerz oder Fluchenergie. Sie entstehen, wenn starke Emotionen – Tod, Schuld, Zorn oder Magie – keinen Weg finden, sich zu lösen. Solche Rückstände sammeln sich in den Zwischenräumen der Welt, wo das Licht schwach ist und der Schleier dünn.

Manche Schatten sind reine Echos – Wiedergänger von Erinnerungen. Andere sind alte Dämonen, die sich in menschlicher Furcht manifestieren.
Und manche sind weder noch: gewordene Dunkelheit, geboren aus den Träumen selbst.

II. Wesen der Schatten

Schattenwesen besitzen keine feste Form.
Sie können Rauch, Umriss, Gestalt oder bloß Präsenz sein – ein kalter Raum, ein flüsternder Ton, ein verzogener Schatten in der Ecke.
Ihre Existenz hängt vom Bewusstsein anderer ab: je mehr Angst, desto realer werden sie.

Viele erscheinen zuerst Kindern oder Empathen – Seelen, deren Resonanz weit offen steht. Kinder sehen, was Erwachsene verdrängen: Schatten, die unter dem Bett lauern, im Schrank warten oder hinter der Tür flüstern. Manche dieser Kinder entwickeln später übersinnliche Fähigkeiten – oder verschwinden spurlos.

Schattenwesen ernähren sich von:

• Furcht – jede Emotion formt und stärkt sie.
• Schuld – gebrochene Versprechen und verdrängte Taten nähren sie.
• Erinnerung – sie binden sich an Orte, wo etwas Unausgesprochenes geschah.
• Magie – besonders Flüche, Runen und Opfer ziehen sie an.

III. Klassifikation der Schattenwesen

Bezeichnung	Typ	Beschreibung	Bekannte Orte	Besonderheiten
Echo	Seelenfragment	Rest einer verlorenen Seele; wiederholt die letzten Gedanken oder Schmerzen.	Verlassene Häuser, Friedhöfe, Krankenhäuser	Kann mit Ritualen oder Musik beruhigt werden; reagiert auf Namen.
Umbra	Formloser Schatten	Dunkelheit, die Bewusstsein erlangt hat. Lässt sich in jede Ecke ziehen.	Keller, Schränke, Spiegelräume	Wird stärker durch Spiegel oder flackerndes Licht; kann Besitz ergreifen.
Nyxianer	Dämonische Schatten	Aus den Tiefen gerufene Schatten, halb Materie, halb Wille.	French Quarter (unter der Stadt), alte Kirchen	Verkörpert Sünde (Neid, Lust, Wut); tötet durch Berührung des Herzens.
Mimic	Psychischer Parasit	Schatten, der die Stimme oder Gestalt eines Verstorbenen annimmt.	Wohnungen, Kinderzimmer, Spiegelräume	Wird durch Liebe oder Schuld gerufen; kann ganze Familien zerstören.
Nullwesen	Leere Manifestation	Kein Schatten, sondern Abwesenheit von Licht und Seele. Entsteht, wenn ein Mensch ausgelöscht wird, ohne zu sterben.	Psychiatrien, Forschungseinrichtungen, Katakomben	Unzerstörbar durch Magie; kann nur durch Erinnerung verbannt werden.

IV. Manifestation durch Kinder

Kinder und junge Seelen sind besonders empfänglich für die Präsenz der Schatten.
Sie sehen, was Erwachsene ignorieren, und sprechen mit dem, was vergessen wurde. Diese „unsichtbaren Freunde“ sind in Wahrheit Echos, die durch kindliche Vorstellung eine Stimme erhalten.

Beispiele für Manifestationen:

• „Mr. Hollow“ – Schattenfreund, der Kinder schützt … bis sie ihm den Rücken kehren.
• „Die Frau im Rauch“ – erscheint in Fenstern, flüstert Träume, erstickt im Schlaf.
• „Die Zwillingssilhouetten“ – nur in Spiegeln sichtbar; tauschen Plätze mit dem Betrachter.

Mit Beginn der Pubertät verlieren viele Kinder den Kontakt zu diesen Wesen – oder werden von ihnen vergessen. Doch manche tragen den Schatten weiter in sich, als Fluch, Gabe oder Stimme.

V. Jägerische Bedeutung

Für Jäger und den Orden des Lichts sind Schattenwesen ein unberechenbarer Feind.
Sie besitzen weder festen Körper noch eindeutige Schwäche.
Nur Resonanz – also der Einklang mit dem eigenen Seelentyp – ermöglicht, sie wahrzunehmen oder zu bannen.

Methoden der Jagd:

• Runische Bannkreise mit Licht-, Eisen- und Salzlinien.
• Rituale der Ahnen (Tremé): durch Gesang wird das Echo in Ruhe versetzt.
• Exorzistische Sigillen des Ordens: brennen Schatten aus Räumen, aber auch aus Seelen.
• Schamanische Nebelbeschwörung: Nebel absorbiert Dunkelheit – temporär.

„Einen Schatten kann man nicht töten. Man kann nur das Licht so lange halten, bis er vergisst, dass er war.“

VI. Bekannte Schattenwesen (NPC-Beispiele)

Name	Typ	Ort / Domäne	Verhalten	Besonderheit
Morrow	Echo / Dämon	Unterirdische Katakomben von Tremé	Flüstert in Sprachen, die nie gesprochen wurden.	Kann Erinnerungen auslöschen; erscheint bei Stromausfällen.
Die Kinder von Bywater	Sammelschatten	Verlassene Schule am Hafen	Imitiert Kinderlachen, verursacht Halluzinationen.	Erwachsene sterben, wenn sie antworten.
Elara	Manifestation / Schattenmedium	Früher Mitglied des Cercle des Ancêtres	Verlor Körper in Ritual; existiert als Projektion.	Kann in Träumen erscheinen und Runen verändern.
Tenebris	Nullwesen	Im Bayou – „Ort ohne Klang“	Verschlingt Stimmen und Spiegelbilder.	Unsichtbar selbst für Engel; verursacht Stillefelder.

VII. Im Spiel

Schattenwesen bieten vielseitige Einsatzmöglichkeiten:

• Als gegnerische Entitäten für Jäger, Schamanen oder den Orden.
• Als Echo vergangener Handlungen – ein Schatten kann ein Opfer, Täter oder Zeuge sein.
• Als Begleiter für empathische oder gebrochene Charaktere (sichtbar nur für sie).
• Als Ursache von Albträumen, Stimmen, plötzlichen Kälteschüben im Inplay.
• Als Metapher für seelische Konflikte: was du verleugnest, wird Schatten.

„Sie leben dort, wo das Licht zögert.
Und manchmal – in den Spiegeln – zögern sie nicht mehr.“

Hinweis:
Schattenwesen sind freie NPCs, die jeder Spieler nach Absprache in eigene Geschichten einbauen darf. Sie können spürbar, sichtbar oder rein atmosphärisch genutzt werden.
Jeder Schatten, der benannt wird, erinnert sich – und kommt zurück.